29 März, 2023
Wenn wir uns ein natürliches Hundeleben anschauen, dann ist „alleine sein“ nicht vorgesehen. Kein Wunder, also wenn ein Hund, der vom Menschen allein gelassen wird, mit Stress, sogar Panik darauf reagiert. ABER ein Welpe und auch erwachsene Hund kann es lernen. Hunde sind hochsoziale Tiere, deren natürliche Lebensweise auf das Leben in einer Gruppe ausgerichtet ist. Das Zusammenleben in einer Gruppe bietet dem einzelnen Hund Sicherheit und Schutz, denn gemeinsam ist man stark. Im Leben mit uns Menschen sieh das anders aus. Wir können unsere Hunde nicht überall mitnehmen. Sie müssen also lernen, zumindest für einen kurzen Zeitraum auch einmal allein zu Hause zu bleiben. Und ich muss dazu aus Trainiersicht auch sagen, dass es für viele Hunde auch ein Segen ist, dass sie nicht überall dabei sein dürfen. (aber das ist ein anderes Thema😉) In KLEINEN Schritten kann man dem Welpen beibringen: „auch wenn du mich mal nicht siehst, ich bin direkt wieder da!“ Noch nie habe ich soviele Anfragen zum „Alleine-bleiben“ Training erhalten. Woran kann das liegen? Bei vielen Hunden handelt es sich um Hunde, die in der Coronazeit, immer ihre Menschen um sich hatten. Sie konnten am Schreibtisch liegen und schlafen, ist ihr Mensch aufgestanden, sind sie mitaufgestanden. Denn oft war dann ja die Zeit für die Aktion mit dem Vierbeiner. Es gibt auch Hunde, die nun erst neu in der Familie sind und in ihrem früheren Leben nie gelernt hatten, dass alleine zu sein, nichts Schlimmes ist. Verliert ein Hund in der Natur den Anschluss an sein Rudel, macht er sich durch Jaulen, Heulen, oder Bellen auf sich aufmerksam, damit die Rudelmitglieder zu ihm zurückkommen. Am besten startet man schon mit dem Welpen das Training Auch wenn, ihr zZ denke „mein Hund muss nie alleine bleiben!“ Das kann ja auch sein, ABER es wird auch wieder eine Zeit sein, wo es nicht so ist. Und wenn es nur der Besuch beim Friseur oder Arzt ist. Und unser Leben verändert sich und wir wissen doch nicht, ob in ein paar Jahren immer noch alles so ist, wie jetzt. Denn auch das habe ich im Trainingsalltag leider schon oft erlebt. „Lydia, mein Mann und ich haben uns getrennt. Bello kann nicht so lange alleine bleiben, bis ich wieder von der Arbeit zuhause bin. Kannst du mir helfen ein neues Zuhause für ihn zu finden!?“ Das zerreißt mir das Herz. Im Idealfall lernt der Hund das Alleinbleiben bereits im Welpenalter. Zieht der Welpe ab der neunten Woche in sein neues Zuhause, muss er hier von Beginn an lernen, einen kurzen Augenblick allein zu bleiben. Gehe dazu beispielsweise ins Bad oder einfach aus dem Raum und schließe die Tür, sodass der Welpe nicht hinterher kann. Nach wenigen Sekunden kommst du wieder heraus, sodass der Welpe lernt, dass er sich gar nicht aufzuregen braucht, wenn du einmal nicht da bist. Im nächsten Schritt die Zeit verlängern. Dann auch mal kurz aus der Wohnung gehen. Dein Welpe bleibt dabei in einem Raum, indem er sich wohl fühlt und wo sich sein Liegeplatz befindet. Verhalte dich beim Zurückkommen so normal wie möglich. Also egal ob er süß dasitzt oder ein Malheur passiert ist. Komm einfach in den Raum. Trennungsangst – Kontrollverlust? Kann der erwachsene Hund nicht allein bleiben, muss man zunächst herausfinden, ob es sich um Trennungsangst oder um Kontrollverlust handelt. Zwar ist der Trainingsweg in Bezug auf das Alleinbleiben bei beiden Ursachen ähnlich, doch in Bezug auf den Alltag müssen unterschiedliche Punkte berücksichtigt bzw. trainiert werden. Hunde mit Trennungsangst leiden tatsächlich unter der Angst, allein zu bleiben bzw. verlassen zu werden. Ursache hierfür kann ein Trauma sein, wie z.B. wenn der Welpe zu früh, von der Mutter getrennt wurde, oder auch der Verlust seines bisherigen Zuhauses. Es kann natürlich auch sein, dass der Hund das Alleinbleiben bisher einfach nicht erlernt hat, weil seine Menschen verpasst haben, ihm dies beizubringen, oder er z.B. als Straßenhund gelebt hat, sodass solche Anforderungen bisher nicht an ihn gestellt wurden. Hunde mit Trennungsangst reagieren direkt nach dem Alleinlassen mit starkem Hecheln, aufgeregtem Hin- und Herlaufen mit Kratzen an der Tür, da sie dem Menschen folgen wollen, sowie mit Winseln, Fiepen und überwiegend Heulen, seltener auch Bellen. Das Winseln weist dabei auf das Unwohlsein des Hundes hin, durch das Heulen versucht der Hund, die Gruppenmitglieder zurückzurufen. Manche Hunde leiden auch einfach still vor sich hin, sie erstarren regelrecht. Bewegungslos liegen sie vor der Tür, bis der Mensch wieder zurückkommt. Nach einer kurzen freudigen Begrüßung fallen diese Hunde erschöpft in ihr Körbchen. Das größte Problem bei diesen Hunden liegt darin, dass die Menschen gar nicht mitbekommen, welchen Stress ihr Hund hat, und dass es ihm überhaupt nicht gut geht, wenn er allein bleiben muss. Sie beschreiben das Alleinbleiben des Hundes eher als unproblematisch. Kein Gebell, kein Gejammer, nichts wird zerstört, so wünscht man es sich doch. Der Hund aber leidet still vor sich hin und kann sich dem Menschen nicht mitteilen. Sollte Ihr Hund also nach längerem Alleinbleiben erschöpft ins Körbchen fallen, ist dies immer ein Alarmzeichen. Im Alltag sind Hunde mit Trennungsangst auch eher in der Nähe des Menschen, sie laufen ihm hinterher, wenn dieser den Raum wechselt, und entfernen sich auch beim Spaziergang in der Regel nicht sehr weit. Kommt der Mensch zurück, wird er „begrüßt. Alleinbleiben fällt diesen Hunden überall schwer, sowohl in der eigenen Wohnung als auch z.B. im Auto. Wer beim Hund bleibt, spielt dabei keine Rolle, es kann irgendein Familienmitglied, ein guter Bekannter oder sogar ein Hundesitter, den Sie engagiert haben, sein. Für den Hund ist nur wichtig, dass er nicht allein ist. Hunde mit Kontrollverlust dagegen leiden, weil sie es nicht ertragen können, dass sie nun auf ihren Menschen eine Weile nicht mehr aufpassen können. Sie fühlen sich verantwortlich für ihren Menschen, da sie das Gefühl haben, sich um ihren Menschen kümmern zu müssen. Einen kurzen Zeitraum ertragen diese Hunde daher das Alleinbleiben oftmals, da sie dem Menschen zutrauen, kurzfristig auch ohne ihn auszukommen. Daher kommt es meistens erst nach einer gewissen Zeit der Trennung zu Lautäußerungen, hierbei wird der Hund selten heulen, sondern eher lautstark und oft auch stundenlang bellen. Das Bellen weist dabei auf den Frust hin, den der Hund über die Abwesenheit des Menschen sowie das Eingeschlossensein empfindet. Daher werden nur selten Türen zerkratzt, vielmehr schnappt sich der Hund herumliegende Gegenstände des Menschen, die angekaut und zerstört werden. Im Alltag verfolgen diese Hunde ihren Menschen auf Schritt und Tritt. Dabei geht es dem Hund jedoch weniger darum, beim Menschen zu sein, als darum, diesen zu kontrollieren. Sie stellen sich z.B. in den Weg und begrenzen den Menschen, setzen sich gern auf die Füße ihres Menschen oder lehnen sich an dessen Beine an. Was wie zufällig wirkt und vom Menschen oft als „liebebedürftig“ und verschmust wahrgenommen wird, ist in dem Fall eigentlich ausgeübte Kontrolle. Kommt der Mensch zurück, springt der Hund ihn durchaus mit voller Wucht an. Das ist dann übrigens kein Zeichen von Freude, wie so oft angenommen wird, sondern viel eher eine Korrektur gegenüber Herrchen oder Frauchen, da diese einfach allein rausgegangen sind, ohne den Hund mitzunehmen. Solange „sein“ Mensch, für den er sich verantwortlich fühlt, ohne ihn weggegangen ist, hat er Stress und zeigt dies auch deutlich, auch wenn ein anderes Familienmitglied, ein Bekannter oder Hundesitter beim Hund bleibt. Das Alleinbleiben lernen Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich das Training in Bezug auf das Alleinbleiben zunächst einmal nicht, egal ob die Ursache Trennungsangst oder Kontrollverlust ist. Der Hund muss in sehr kleinen Schritten lernen, allein zu bleiben. In einem ersten Trainingsschritt soll der Hund dazu lernen, auf einem ihm zugewiesenen Liegeplatz liegen zu bleiben. Der Liegeplatz des Hundes sollte sich dabei an einem unstrategischen Platz befinden, also nicht direkt neben der Tür. Er sollte dem Hund ausreichend Ruhe ermöglichen, es bietet sich z. B. ein Platz in der Ecke neben der Couch an. Dein Hund soll den Liegeplatz positiv verknüpfen, belohn ihn daher anfangs dafür, wenn er sich auf dein Signal dorthin geht. Dieses Training so lange durchführen, bis dein Hund es sich auch von sich aus, also ohne dass du ihn auf den Platz geschickt hast, auf seinem Liegeplatz gemütlich macht. Bleib zu Anfang noch selbst im Raum, später kannst du diesen auch mal kurz verlassen., dann auch etwas länger. So lernt dein Hund, dass er dich nicht ständig verfolgen soll, bzw. dass er es aushalten kann, auch einmal kurz ohne deine direkte Nähe zu sein. Schließ dann ruhig auch mal für einen kurzen Moment die Tür hinter sich, wenn du in einen anderen Raum der Wohnung gehst. So lernt dein Hund, dass du immer wieder zu ihm zurückkommst, wenn er dich nicht sehen oder hören kann. Natürlich muss er dabei nun nicht mehr auf seinem Liegeplatz liegen bleiben, denn das kann man ja auch gar nicht „kontrollieren“. Wähle daher anfangs einen Augenblick aus, an dem sich dein Hund von sich aus auf seinem Liegeplatz niedergelassen hat. Hunde sind sehr genaue Beobachter und können somit schon sehr früh erkennen, ob du gleich wirklich das Haus verlässt oder ob es sich um eine Trainingssequenz handelt. Denn wenn Du ihn wirklich allein lassen, ziehst du deine Jacke an, oder alleine das Geräusch des Schlüsselbundes sagt ihm „gleich ist mein Mensch weg!“ Behalten erst einmal die Jogginghose an oder gehe in Hausschuhen aus dem Haus. Parallel zu diesem Training müssen wir noch die sogenannten Schlüsselreize abbauen. Also auch mal Schuhe und Jacke anziehen und im Haus blieben. Du kannst zB den Schlüssel nehmen und dann nochmal ins Bad gehen oder einfach noch einen Kaffee trinken. Alle Schlüsselreize müssen nach und nach abgebaut werden, so das sie für den Hund so wenig Bedeutung haben. Wenn du weniger berechnend für deinen Hund bist, desto entspannter wird er auf diese Alltagsreize reagieren. Weitere wichtige Trainingshinweise: • Laste deinen Hund ausreichend aus, bevor du das Haus verlässt (z. B. durch Apportieren oder Nasenarbeit), dabei ist sowohl die körperliche als auch die geistige Auslastung wichtig! Ein ausgelasteter Hund wird sich eher entspannt hinlegen und ausruhen. Geh allerdings nicht sofort nach dem Gassi oder nach dem Training weg. Sondern warte immer noch eine Weile, bevor du gehst. Da der Übergang von Aktion zu Ruhe für ihn sonst zu groß sein kann. • Verabschieden dich nicht überschwänglich von deinem Hund. • Auch die Begrüßung deines Hundes nach dem Zurückkommen solltest du nicht übertreiben. Es ist zwar vollkommen natürlich, dass ein Hund nach einer Trennung die zurückgekehrten Gruppenmitglieder begrüßt, jedoch verhalte dich ähnlich wie die Hündin es bei ihren Welpen, souverän und ruhig. Schließlich ist nichts Aufregendes passiert, und somit gibt es gar keinen Grund für eine überschwängliche Begrüßung. • Bestrafen deinen Hund niemals, wenn er die Wohnung auf den Kopf gestellt, gebellt oder in die Wohnung uriniert hat. Du kannst dir sicher sein, er macht, das nicht, um dich zu ärgern! Er findet durch dieses Verhalten ein Ventil, um mit seinem Stress fertig zu werden, da er bisher noch keinen adäquaten Weg gelernt hat, in solchen Situationen mit Stress umgehen zu können. Nimm dir dies zum Anlass, im Training einige Schritte zurückzugehen, denn offensichtlich war Ihr Hund noch nicht so weit. • Lass deinen Hund nur so lange allein, wie es der Trainingsstand zulässt. Während der Trainingszeit ist immer wichtig, dass du eine Möglichkeit findest, deinen Hund mitzunehmen bzw. durch einen anderen Menschen betreuen zu lassen.